Hallo,
ich habe mich gewundert wie leicht es ist, original verpackte und unbenutzte Micro-Professor MPF-II zu bekommen und mir aus Neugier zwei zugelegt.
Sie funktionieren übrigens einwandfrei. Der MPF-II hat keinerlei Ähnlichkeit mit dem bekannteren Micro-Professor MPF-I von der gleichen Firma Multitech (heute Acer).
Während der MPF-I ein Z80-Trainer zum basteln und entwickeln ist, ist der MPF-II ein 6502 Einplatinen-Computer mit einer 6502 CPU, 64K RAM und 16K ROM.
Der MPF-II ist teilweise Apple-II kompatibel, was wohl auch der Grund ist, weshalb er noch so leicht als NOS zu haben ist. Apple hatte damals gedroht gegen den illegalen Clone vorzugehen, was dazu führte, dass Multitech den Verkauf einstellte. Es gab aber anscheinend schon viele produzierte Geräte die immer noch zu haben sind. Mein Verkäufer gab an, bis zu 20 Stück liefern zu können. Ich habe jetzt die Kompatibilität getestet und außerdem ein komplettes ROM-Listing erzeugt, welches auf "https://github.com/Edilbert/MPF2" einsehbar ist.
Nach meiner Einschätzung hatte Apple völlig recht! Multitech hatte sich ganz ungeniert die Apple II ROM Routinen kopiert und sie dann durch wilde Patches an die unterschiedliche Hardware (andere Keyboard Abfrage, kein Text-Bildschirm) angepasst. Die Kompatibilität beschränkt sich auf die Möglichkeit Apple-BASIC Programme von der Cassette laden und ausführen zu können, solange diese keine PEEKs und POKEs auf Hardware-Komponenten und spezielle Konfigurationen verwenden.
Multitech hat auch versucht viele Monitor-ROM Einsprungadressen zu erhalten, es sind aber nur ca. 80% der am häufigsten benötigten.
Die Modifikation des Apple-ROMs sieht ziemlich wild aus. Offensichtlich wurde hier mit Hand reingepatcht, was man z.B. daran sieht, dass Zero-Page Adressen mal 8-bittig und mal 16-bittig verwendet werden, was jeder normale Assembler besser machen würde. Z.B.:
e052 ad a2 00 LDA FAC1SI
würde ein Assembler kürzer als
e052 a5 a2 LDA FAC1SI
kodieren.
Man hat Platz geschaffen, indem der Appple-Miniassembler/Disassembler teilweise entfernt wurde. Dafür wurden Routinen eingefügt, um die gegenüber Apple viel umständlichere Keyboard-Matrix-Abfrage zu kodieren. Der fehlende Text-Bildschirm wurde ersetzt durch Routinen, welche die Character Byte für Byte in den Hires-Screen plotten. Das ganze aber total chaotisch mit viel unmotiviertem hin- und -her Gespringe und vielem toten oder unsinnigem Code.
Fazit: Das war wohl ein Schnellschuss, mit dem man auf dem Apple-Clone Markt Gewinne erzielen wollte, ohne Lizenzgebühren zu zahlen.
Aber da der MPF-II klein und übersichtlich ist und die CPU und die EPROMs gesockelt sind, bietet es sich hier an ein eigenes Betriebssystem zu schreiben.
Man könnte z.B. eine 65C02 CPU hinzufügen und ein Commodore kompatibles BASIC mit einem Fullscreen-Editor und HIRES-Grafikbefehlen
Viele Grüße